Der Jahreskreis in Zeiten des Klimawandels

Copyright: Hannielore Anders

Heute ist der 15. August, Mariä Himmelfahrt. Eigentlich wollte ich etwas zum Kräutersammeln und der Tradition der Kräuterbuschen schreiben.

Doch dann sind mir die Bilder vom Wochenende wieder hochgekommen. Ich war im Harzvorland, wo es im Regenschatten des Brocken seit Monaten so gut wie gar nicht geregnet hat. Vertrocknet waren Wiesen und Felder, Bäume und Pflanzen. Wildkräuter für einen Kräuterbuschen ließen sich hier nicht mehr finden, das Johanneskraut war schon längst verblüht, nur der Rainfarn hielt sich noch tapfer.

Alles Folgen des Klimawandels, der hier und jetzt längst angefangen hat. Unser Klima ist nicht mehr dasselbe wie noch vor ein paar Jahren.

Ich erinnere mich an meine ersten Sommer im hohen Norden, vor zwanzig Jahren. 15 Grad im August waren da keine Seltenheit, die Bille überschwemmte regelmäßig die Auen, in Winter gingen wir am Billeabhang rodeln und auf der Alster Schlittschuhlaufen.

All das hat sich geändert, die Alster ist schon lange nicht mehr zugefroren, der Schnee immer seltener geworden, die Winter milder, die Sommer heißer.

Der uralte Kreis von Frühling, Sommer, Herbst und Winter verändert sich vor unseren Augen, in unserer Lebenszeit.

Was macht diese Verschiebung mit dem Jahreskreis, wie er uns überliefert ist und wie wir ihn kennen?

Was heißt es, wenn zur Schnitterin alle Felder längst gemäht sind, zu Mariä Himmelfahrt alle Kräuter verblüht , und die Ernte lange vor dem Herbst eingefahren wird? Was passiert dann mit den Traditionen, die doch genau aus diesem Rhythmus entstanden sind und die es seit vielen Jahrhunderten gibt?

Eine richtige Antwort auf diese Frage gibt es nicht.

Was ich wichtig finde: Mit der Natur verbunden zu bleiben, nicht wegzuschauen, wenn die Erde dürstet und schreit. Sich nicht zu verschließen und zu versuchen, das eigene Leben möglichst ungestört weiterzuleben.

Sondern: Präsent zu sein. Zu fühlen, was passiert. Selber ein Gespür dafür zu entwickeln, wann was dran ist. Sich nicht an alten Traditionen festzuklammern, sondern eigene, an diese Zeit angepasste zu entwickeln.

So habe ich heute ich keinen Kräuterbuschen gepflückt, haben wir am Wochenende kein Feuer gemacht, hat die Schwitzhütte nicht stattgefunden.

Stattdessen haben wir den Durst der Erde gespürt, so wenig Wasser verbraucht wie möglich, und unseren Schmerz in einem Dank ausgedrückt.

Und auch wenn sie garantiert unzulänglich ist, so ist das doch meine Antwort auf die Frage, wie ich damit umgehe, wenn sich alles verändert.

Copyright: Hannielore Anders

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